Krüppelfrauengruppen

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Vor dem Hintergrund der Proteste gegen das UNO-Jahr gründen sich Krüppelfrauengruppen, weil sie sich weder in den Krüppelgruppen noch in der Frauenbewegung wiederfinden. Sie werden sowohl aufgrund der Behinderung als auch als Frau diskriminiert.

Mit der Publikation „Geschlecht: behindert, besonderes Merkmal: Frau“ (1985) vertiefen die beteiligten Frauen Themen, die bereits auf dem Krüppeltribunal besprochen werden. In dem Buch versammeln sich Beiträge zur Situation behinderter Frauen in der Gesellschaft, u. a. zu sexueller Gewalt, zu Mutterschaft, zu Zwangssterilisationen sowie zu Schönheitsidealen. Noch heute gilt das Werk als ein Klassiker der Behindertenbewegung.

Geschlecht: behindert. Besonderes Merkmal: Frau. 1985, AG SPAK

Eine wichtige Rolle spielt die Auseinandersetzung und Diskussion um den §218, das Verbot des Schwangerschaftsabbruchs. Insbesondere die eugenische Indikation, also Abtreibung aufgrund einer angenommenen Behinderung des Fötus. Die Krüppelfrauengruppen teilen die Forderung nach einem Recht auf Abtreibung. Das beinhalte aber nicht ein Recht auf ein gesundes Kind.

Eine Zuspitzung dieser Diskussion spiegelt sich u. a. in der scharfen Verurteilung von Peter Singers Theorie wider. Dieser plädiert bis heute für die Tötung behinderter Neugeborener. Bundesweit finden Proteste, Demonstrationen und Veranstaltungen gegen die Thesen von Singer statt. Das Lebensrecht behinderter Menschen ist nicht verhandelbar. In Berlin engagiert sich z. B. der „Krüppelfrauenstammtisch gegen Gen- und Reproduktionstechnologie“.

In den 1990er Jahren institutionalisieren sich die Krüppelfrauen in neuen Netzwerken und Beratungsstellen, wie z. B. im „Netzwerk behinderter Frauen Berlin e.V.“ (Gründung 1995) oder dem Verein „Weibernetzwerk e.V.“.