Zwangs-Sterilisation und NS-„Euthanasie“-Morde

Schon im 19. Jahrhundert forderten manche Wissenschaftler:
Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen
sollen sterilisiert werden.
Das bedeutet: Diese Menschen sollten so operiert werden,
dass sie keine Kinder mehr bekommen können.
Die Wissenschaftler denken damals:
Es darf nur noch Menschen ohne Behinderungen
und ohne psychischen Erkrankungen geben.
Das ist aber grundsätzlich falsch.

Als die Nazis 1933 in Deutschland an die Macht kommen
beschließen sie bald das sogenannte „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“.
Wegen diesem Gesetz werden in den Jahren zwischen 1934 und 1945
über 400-Tausend Menschen sterilisiert, meistens gegen ihren Willen.
Über 5-Tausend Menschen sterben bei der Operation oder kurz danach.
Das betrifft damals nicht nur Menschen mit Behinderungen
und psychischen Erkrankung:
Die Nazis führen die Zwangs-Sterilisationen auch bei Menschen durch,
die sie nicht in der Gesellschaft haben möchten, zum Beispiel Obdachlose.

Mit diesem Brief werden Hebammen vom Nazi-Staat aufgefordert, 
dass sie alle Neugeborenen mit Behinderungen melden sollen.

Im Jahr 1941 starten die Nazis die geheime „Aktion T4“.
„Aktion T4“ war der Name,

den die Nazis für die NS-„Euthanasie“-Morde an Menschen mit Behinderungen

und psychischen Erkrankungen hatten.

Der Name „T4“ kommt von der Adresse: Tiergartenstraße 4 in Berlin.
Dort war die Zentrale mit den Büros
der Mitarbeiter*innen von der Aktion.

„Euthanasie“ bedeutet eigentlich „guter Tod“ oder „Sterbehilfe“.
Die Nazis missbrauchten diesen Begriff.
Sie sagten: Die Morde sind gute und notwendige Taten.
Wenn man die Menschen mit Behinderungen
und psychischen Erkrankungen tötet,
dann hilft man diesen Menschen.
Die Nazis behaupteten einfach,
dass diese Menschen kein glückliches Leben führen können.

Die Nationalsozialisten ermorden damals mit der „Aktion T4“ und den Aktionen danach
über 200-Tausend Menschen mit Behinderungen
und psychischen Erkrankungen, darunter sind bis zu 10.000 Kinder.

Historisches Dokument

Mit diesem Brief vom 1. September 1939 erlaubte Adolf Hitler 
die Morde an Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen

Diese Menschen wurden aus den Heil- und Pflege-Anstalten im ganzen Land
zu insgesamt 6 Tötungs-Anstalten gebracht.
Dort wurden sie hauptsächlich mit tödlichem Gas ermordet.
Ärzt*innen und Pflegekräfte suchen damals Patient*innen zum Abtransport
in die Tötungs-Anstalten aus und helfen bei den Morden.

Die 6 Tötungs-Anstalten der „Aktion T4“ in Deutschland und Österreich


Nur wenige Pflege-Einrichtungen und Behinderten-Heime versuchen damals,
ihre Bewohner*innen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen 
zu schützen.
Im Jahr 1941 wird die geheime „Aktion T4“ bekannt.
Clemens August Graf von Galen macht in einer Kirchen-Predigt
die Verbrechen der Nazis öffentlich und verurteilt sie.
Er ist damals der Bischof der katholischen Kirche in Münster
und sagt: Alle Menschen haben das Recht zu leben.
Seine Meinung war sehr wichtig für das Ende der »Aktion T4«.
Mit dem Stopp der »Aktion T4« hörten die NS-„Euthanasie“-Verbrechen der Nazis aber nicht auf.
Ab dem Herbst 1941 ermordeten Ärzt*innen und Pflege-Kräfte noch sehr viele
Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen
in den Heil- und Pflege-Anstalten.
Sie lassen die Patient*innen damals verhungern,
geben ihnen keine Medikamente oder Medikamente mit schädlicher Wirkung.

Was passierte nach 1945?

Nur wenige Ärzt*innen, Pflege-Kräfte und Verwaltungs-Angestellte
mussten nach dem Ende des 2. Welt-Kriegs nach 1945 vor Gericht,
weil sie bei den NS-„Euthanasie“-Morden mitgeholfen hatten
oder direkt dafür verantwortlich waren.
Viele arbeiten als anerkannte Fachleute sogar in ihren Berufen weiter.
Erst in den 1980er Jahren startet eine Aufklärung der Nazi-Verbrechen
an Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen.
In den 1990er Jahren werden ungefähr 30-Tausend Akten über Opfer
der »Aktion T4« gefunden und die Aufklärung geht weiter.

Heute untersuchen viele Pflege-und Behinderten-Einrichtungen
und psychiatrische Kranken-Häuser ihre eigene Geschichte.
Dabei stellen sie sich zum Beispiel die Frage:
Welche Verantwortung hatten die Mitarbeiter*innen damals
für die grausamen Verbrechen an den Menschen mit Behinderungen 
und psychischen Erkrankungen?

Erst im Jahr 1988 beschließt der Bundestag:
Das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« war ein Nazi-Unrecht.
Seit dem Jahr 2002 bekommen Opfer von Zwangs-Sterilisierung
und Familien der Opfer der NS-„Euthanasie“-Morde«
ein geringes Entschädigungs-Geld vom deutschen Staat.